Persönliche Erklärung zur Abstimmung über die Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes

Wir sind in den letzten Jahren wichtige Schritte gegangen, um die Wende hin zum Klimaschutz einzuleiten, viele davon in den letzten zweieinhalb Jahren der Ampelregierung: Dazu zählen wichtige Reformen im Energiebereich, die den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigten, oder Maßnahmen im Verkehrsbereich wie das Deutschlandticket oder das Heizungsgesetz im Gebäudebereich. Aber auch das Klimaschutzgesetz, das von der Vorgängerregierung ursprünglich 2019 erlassen wurde, war ein Meilenstein in den letzten Jahren. So wie wir es die letzten drei Jahre kannten, entstand es im Wesentlichen als Reaktion auf das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 2021 feststellte, dass wir die Freiheitsrechte auch kommender Generationen schützen müssen. Der Auftrag des Gerichts an den Gesetzgeber war deutlich: Er muss auch heute schon tätig werden. Das Resultat: schärfere CO2-Grenzen und damit auch mehr Druck auf die einzelnen Sektoren, auch auf den Verkehr. Und der in meinen Augen wichtigste Aspekt dieses Gesetzes ist gerade deshalb, dass es eben alle Sektoren verpflichtet, ihren Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten.

Diese Verpflichtung der Bundesregierung, für jeden Sektor Sofortprogramme vorzulegen, wenn ein Sektor nicht auf dem Pfad Richtung Klimaneutralität ist, finde ich elementar. Doch genau an dieser Stelle will der Gesetzentwurf eine Änderung herbeiführen, die diese sektorspezifische Verantwortung in eine sektorübergreifende Verantwortung ändert und einzelne Sektoren in Zukunft nicht mehr zur Vorlage von Sofortprogrammen verpflichtet. Diese Änderung halte ich als Verkehrspolitikerin, die beobachtet, wie insbesondere der Verkehrssektor im Wesentlichen wichtige Transformationsaufgaben verschleppt, für fatal und deswegen kann ich die Änderung des Klimaschutzgesetzes in diesem Punkt nicht gutheißen.

Das neue Klimaschutzgesetz entlässt den Verkehrssektor bis 2026 und damit für den Großteil der verbleibenden Regierungszeit der Ampel aus der Verantwortung, dabei müsste gerade jetzt der Druck erhöht werden, damit die notwendige Transformation im Verkehrssektor eingeleitet werden kann. Die schärferen EU-Regeln, die auch den Verkehrssektor stärker in den Blick nehmen werden, greifen erst ab 2027. Und auch die nächste Projektion zur Einhaltung der Klimaziele steht für die Bundesregierung nach Änderung des Klimaschutzgesetzes erst 2026 an.

Ebenfalls problematisch finde ich, dass den bisherigen wichtigen Klagen der Umweltverbände auf Vorlage wirksamer Klimaschutzsofortprogramme im Verkehrs- und Gebäudebereich nun die rechtliche Grundlage genommen wird. Das erscheint vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Klimaschutz als Grundrecht definierten, durchaus fraglich. Auch im Sinne der Teilhabe und Mitbestimmung der Zivilgesellschaft ist es bitter, dass hiermit der juristische Weg zumindest teilweise eingeschränkt wird.

Ich begrüße ausdrücklich, dass die Bundesregierung heute ein Solarpaket auf den Weg bringt, um den Ausbau der Photovoltaik, die derzeit deutschlandweit boomt, noch stärker voranzubringen. Ich begrüße es, dass damit auch viele Bürger*innen in Zukunft einfacher ein Balkonkraftwerk bei sich zuhause installieren können. Damit wird etwas umgesetzt, was wir Grüne immer wollten: Lasst die Menschen selbst bei sich zuhause mit den Erneuerbaren zu Energieerzeugenden werden! Auch die Bevorzugung von Erneuerbaren bei Flächenkonflikten ist ein großer Fortschritt.

Und ich kann auch dem Entwurf zur Änderung des Klimaschutzgesetzes, der in entscheidenden Punkten im parlamentarischen Verfahren noch geändert wurde, positive Aspekte abringen. So soll in Zukunft auch die Einhaltung der Klimaziele nach 2030, im Zeitraum zwischen 2030 und 2040, verbindlich sein. Es soll eine Zielprojektion geben und die Bundesregierung weiter verpflichtet werden, Programme vorzulegen, wenn die Klimaziele in der Projektion nicht eingehalten werden. Damit arbeitet das Gesetz auch stärker nach vorne in die Zukunft und nicht mehr so stark rückschauend wie bisher, dass Programme erst vorgelegt werden sollen, wenn die Ziele im letzten Jahr nicht eingehalten wurden. Aber dass die Sektoren sich in Zukunft aushelfen sollen, halte ich für problematisch und ich führe gerne aus, warum:

Der Verkehrssektor kann zwar aufgrund der Überperformance des Energiesektors derzeit bei Deutschlands Gesamtklimazielen ausgeglichen werden, aber dieser Hebel wird in den kommenden Jahren absehbar kleiner werden. Die wichtigen Weichenstellungen im Verkehrsbereich müssten jetzt gestellt werden, nicht erst in einigen Jahren. Die Bundesregierung ist im Verkehrssektor nicht hinreichend auf Klimakurs und auch viele wichtige Projekte der Koalition hängen derzeit noch in der Luft: die Weiterfinanzierung des Deutschlandtickets ist nicht hinreichend geklärt, der Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV kommt nicht wirklich voran, weil es derzeit keine realistische Finanzierungsperspektive gibt, und auch die Verabschiedung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung hängen derzeit noch im Bundesrat. Ebenso benötigt die Sanierung der Bahn weitere Milliarden Euro. Genauso ist das Ziel von 15 Millionen E-PKW bis 2030 fraglich und der notwendige Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur geht noch zu schleppend voran.

Es gäbe viele Möglichkeiten, um auch in der angespannten Haushaltslage mehr Klimaschutz im Verkehr zu wagen: Das Tempolimit auf Autobahnen, was in den meisten Ländern der Welt gilt, wäre eine Möglichkeit. Die Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg, das die Anschaffung von Firmenwagen begünstigt, eine andere. Man könnte bei unsinnigen Autobahnprojekten endlich kürzen und den Fernstraßenausbau zusammenschrumpfen und sich auf die Sanierung konzentrieren. Dann würden die Emissionen sinken und wir hätten mehr Geld für guten ÖPNV, für die Bahnsanierung und mehr Klimaschutz im Verkehr. Das sind die Dinge, die wir als Grüne immer wieder angemahnt haben, doch ich muss feststellen, dass wir bei den anderen Parteien damit auf wenig Gehör stoßen.

Zusammenfassend bleibt mir nur zu sagen: Es ist gut, dass die Bundesregierung heute auch ein Solarpaket auf den Weg gebracht hat, und ich erkenne an, dass unsere Bundesregierung in vielen Bereichen einen Klimaschutzturbo gezündet hat und das Klimaschutzgesetz im parlamentarischen Verfahren gegenüber dem Regierungsentwurf noch verbessert wurde, aber als grüne Verkehrspolitikerin muss ich feststellen, dass es für die Verkehrswende leider zu wenig ist, um diese entscheidende Änderung des Klimaschutzgesetzes zu kompensieren.

Ich werde mich für die verbleibende Zeit der Legislaturperiode weiter für das einsetzen, was für mich als Grüne im Verkehrsbereich zählt: Dass das Deutschlandticket weiterlebt und weiterentwickelt wird. Dass der ÖPNV stärker gefördert wird. Dass die Straßenverkehrsordnung endlich so geändert wird, dass Kommunen vor Ort einfacher und schneller mehr Raum für Bus, Bahn, Radwege und für Fußgänger*innen schaffen können. Dass der Haushalt mehr Spielraum bekommt, um klimafreundliche Mobilität zu fördern, u.a. Radwege oder die Antriebswende für Busse und PKW und viele mehr! Es ist klar, Volker Wissing darf für die verbleibende Zeit jetzt nicht aus der Verantwortung gelassen werden: Im Verkehrsbereich muss noch viel geschehen, wenn Deutschland in den nächsten 20 Jahren klimaneutral werden soll.