Rede | Falsche Prioritäten: Meine Rede zum Bundesverkehrswegeplan

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Zuhörende!

Ich komme aus Leverkusen. Wir sind seit Kurzem weltberühmt für den Meistertitel im Fußball, aber wir sind auch berühmt für eine Autobahnbrücke. In Leverkusen quert nämlich die A 1 den Rhein. Diese Autobahn soll zukünftig achtspurig, in Abschnitten sogar zwölfspurig ausgebaut werden, so breit wie ein Fußballfeld. Unsere Autobahnbrücke wurde 1965 gebaut. 2012 musste sie notsaniert werden. 2016 wurde sie teilgesperrt, und erst seit diesem Jahr gibt es endlich eine neue Brücke. Meine Heimatstadt ist übrigens keine Ausnahme: Bundesweit sind 8 000 Brücken marode und müssen dringend saniert
werden. Und das ist keine neue Erkenntnis aus Zeiten der Ampel; diese Informationen hatten auch die CSU-Minister Ramsauer, Dobrindt und Scheuer vorliegen, die lieber Umgehungsstraßen und Tunnel in Bayern vorangetrieben haben, statt sich um die Instandhaltung der Infrastruktur zu kümmern. Ja, liebe Union, das ist auch Ihr Vermächtnis, und das wissen Sie.
In Leverkusen wird jetzt übrigens noch eine zweite Brücke gebaut. Eigentlich haben wir schon eine neue
Brücke, aber im Bundesverkehrswegeplan steht: Die Autobahn soll da breiter werden. Wenn Sie die Menschen vor Ort fragen, sagen alle: Diese Planungen sind vollkommen überdimensioniert.– Dazu muss man ins Verhältnis setzen, dass wir bundesweit eigentlich 8 000 Brücken ersetzen müssen. Bei uns in Leverkusen haben wir schon eine neue Brücke, aber jetzt bekommen wir noch eine zweite. Wir können es uns schlichtweg nicht mehr leisten, den Bundesverkehrswegeplan als Wünsch-dir-was-Liste anzusehen, in der sich jeder Abgeordnete mit einer eigenen Autobahnausfahrt verewigt.
Es braucht eine Prise Realismus mit Blick auf das, was die Ampel im Koalitionsvertrag festgehalten hat,
und das ist doch der Erhalt unserer Infrastruktur statt irgendwelche überdimensionierten Neubauprojekte.
Und dann, liebe Union, muss ich Ihnen noch einen Zahn ziehen. Sie stellen sich hier heute hin und fordern
mehr Einsatz bei der Infrastruktursanierung. So weit, so gut – aber doch nicht auf Kosten des Klimaschutzes. In Hessen beispielsweise forderten Sie gerade die Abschaffung des Deutschlandtickets. Heute schlagen Sie vor, der Schiene Geld wegzunehmen. Und da sage ich Ihnen klar: So geht es nicht!
Weil in der Vergangenheit zu wenig in die Instandhaltung investiert wurde, haben wir doch jetzt die Misere. Und wir können nicht den kommenden Generationen schon wieder einen Scherbenhaufen hinterlassen. Und so ist es beim Klimaschutz auch: Wir müssen heute investieren, sonst kommt es in der Zukunft doppelt so teuer.
Deswegen halte ich übrigens auch Ihr Festhalten an der Schuldenbremse für fatal; denn Deutschland sollte nicht gezwungen sein, in Infrastruktur oder Klimaschutz zu investieren. Wenn wir wirklich fit für die Zukunft sein wollen, dann brauchen wir beides. Dafür hätten wir Ihre Unterstützung gebraucht, liebe Union. Sie halten stattdessen lieber an völlig veralteten Plänen fest, an überdimensioniertem Neubau, statt den Weg für Klimaschutz, den Ausbau der Schiene und die Sanierung maroder Straßen freizumachen.