Meine Bewertung zum aktuellen Referentenentwurf für das Selbstbestimmungsgesetz

Ein historischer Erfolg: Der Referentenentwurf für das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) sieht keine Fremdbegutachtung mehr vor, keine Gerichtsprozesse, keine ärztlichen Atteste. 

Das ist eine eindeutige Verbesserung zu jetzigen Regelungen nach TSG für trans und PStG für inter Personen. Diesen Fortschritt braucht es unbedingt!

Zur Zeit läuft zum Referentenentwurf eine Verbändeanhörung, die Inhalte des Entwurfes zu bewerten. Hier ist meine versprochene aktuelle Einschätzung versprochen.

🏛️ Der Hausrechtparagraf ist problematisch und sollte gestrichen werden: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet den Ausschluss von TIN Personen aufgrund der Geschlechtsidentität. Diese Referenz auf das Hausrecht liest sich aber wie ein Aufruf, genau solche Ausschlüsse zu versuchen. Das lehne ich ab.

⌛ Weg mit der zusätzlichen Wartefrist von drei Monaten: Die meisten verbringen Jahre zwischen innerem und äußerem Coming-Out und haben sich eine Namens- und Personenstandsänderung sehr gut überlegt. Zudem ist bereits der Gang zum Standesamt und die Änderung aller Unterlagen wie Ausweisen, Sozialversicherung etc. bereits mit realen Wartezeiten und erheblichen Aufwänden verbunden. Da braucht es keine zusätzlichen gesetzlichen Wartefristen!

🧑‍🍼 Das Abstammungsrecht muss unbedingt so ausgestaltet werden, dass alle TIN Eltern ihre elterlichen Rechte unkompliziert erhalten und in den Geburtsurkunden ihrer Kinder in ihrem richtigen Vornamen und Geschlecht anerkannt werden. Hier muss noch nachgebessert werden.

🙍🏻 14-jährige können über ihr Geschlecht Auskunft geben: Das 14-17 Jährige die Zustimmung der Sorgeberechtigten für die Änderung ihres Eintrages brauchen, ist eine Hürde für junge Menschen. Nicht alle trans, inter und nicht-binäre Jugendliche erleben Unterstützung aus ihrem Umfeld und ihren Familien. 

🤫 Beim Offenbarungsverbot braucht es Nachbesserung: Nach der aktuellen Formulierung, wird es sehr schwer sein, Täter*innen zu verfolgen. Strafbar ist explizit nur die Situation des Fremdouting mit Schadensabsicht. Wie die Absicht und der Schaden gemessen werden soll, ist unklar.

Lasst uns das Gesetz bzw. die Entwürfe im weiteren Prozess kritisch begleiten und dabei nicht aus den Augen verlieren, worum es geht: Mehr Selbstbestimmung jetzt! Es ist gut, dass es endlich einen Referentenentwurf gibt, der die Abschaffung der psychiatrischen Gutachten und der Gerichtsverfahren vorsieht. 🏳️‍⚧️