Keine Klimagerechtigkeit ohne Mobilitätswende

Neuester Bericht des Weltklimarats unterstreicht Dringlichkeit für konsequenten Klimaschutz

Wir haben keine Zeit mehr, wenn wir unsere tief gesteckten Ziele gegen eine weitere Eskalation der Klimakrise erreichen wollen, sondern müssen jetzt entschieden handeln. Kleine Schritte verändern nicht genug, es geht um einen großen Sprung. Die Wissenschaft sagt, das ist möglich. Doch wie gehen Politik und Verbraucher*innen damit um? 

Im neuesten Bericht des Weltklimarats IPCC werden eine Reihe Maßnahmen vorgestellt, die helfen können. Darunter mit dem größten Effekt der Ausbau erneuerbarer Energien (Solar und Wind), Aufrechterhaltung und Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme und Wälder und Kohlenstoffspeicherung in der Landwirtschaft. 

Interessant ist im Bericht der Blick auf die Kosten-Nutzen-Rechnung bis 2030. Langfristig lohnt sich natürlich jede Art von Klimaschutz deutlich auch wirtschaftlich. Im Verkehrsbereich ist es allerdings so, dass Investitionen sich in kürzester Zeit bereits auszahlen. Aufgelistet werden unter anderem:

  • Umstieg auf ÖPNV, Rad und E-Bike
  • Energieeinsparung bei PKW, LKW und Luftverkehr
  • E-Autos und E-Busse statt Verbrenner

Zudem können wir Maßnahmen ergreifen, die sofort wirksam wären und uns nichts kosten würden, wie bspw. ein Tempolimit oder die Einführung des Rechts auf Homeoffice. Beides würde viele Emissionen im Verkehrsbereich einsparen.

Die Datenlage ist seit vielen Jahren klar, doch was haben wir bisher erreicht?

Verkehrsemissionen bleiben seit 1990 gleich hoch – wir brauchen einen Abwärtstrend!

Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, in dem seit Jahrzehnten keine Fortschritte zu messen sind. 1990 lag die Jahresemissionsmenge für den Verkehrssektor bei 163,8 Mio. t Treibhausgase (berechnet als CO2-Äquivalente; kurz: CO2-Äq.). 2019 waren es immer noch 164,3 Mio. t CO2-Äq.. Einzig im Jahr 2020 gab es einen positiven Effekt aufgrund der Einschränkungen der Corona-Pandemie, so wurden 145,6 Mio. t CO2-Äq. ausgestoßen und das Ziel aus dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) von 151 Mio. t CO2-Äq. zum ersten Mal unterschritten. Das zeigt auch: Theoretisch sind die Ziele erreichbar.

Im Verkehrssektor muss mehr geschehen, wollen wir Klimaziele erreichen. „Verkehr“ macht in Deutschland rund 20% der Treibhausgasemissionen aus. Trotz technischen Fortschritten gab es seit 30 Jahren keine merklichen Einsparungen. Bereits jetzt ist abzusehen, dass Ziele für den Sektor aus dem Bundes-Klimaschutzgesetz auch im Jahr 2030 weit überschritten werden.

Bisherige halbherzige Maßnahmen reichen nicht

Die Sektorziele für den Verkehrssektor  wurden trotz reduziertem Mobilitätsniveau im Jahr 2021 knapp verfehlt. Das deckt sich auch mit einem allgemeinen Trend: Letztes Jahr gingen Emissionen noch deutlich zurück, nun steigen sie wieder an. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 762 Millionen Tonnen CO2-Äq. freigesetzt, also gut 33 Millionen Tonnen mehr als 2020. Der Verkehrssektor ist im Jahr 2021 noch immer für rund 148 Mio. t CO2-Äq. verantwortlich. Im Bundes-Klimaschutzgesetz sind als Obergrenze für 2030 85 Mio. t CO2-Äq. festgelegt, nach aktuellen Berechnungen werden es aber wohl immer noch 126 Mio. t CO2-Äq. sein. Das sind 41 Mio. t CO2-Äq. mehr als die Klimaschutzziele zulassen.

Treibhausgasneutralität wird so wohl nicht schnell genug erreicht. Die bräuchte es dringend für das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels. Allerspätestens im Jahr 2045 muss der Verkehrssektor nach Bundes-Klimaschutzgesetz emissionsfrei sein. Der Weltklimarat sagt wiederum, wenn wir die 1,5 Grad-Grenze einhalten wollen, dann dürfen insgesamt weltweit die CO2-Emissionen maximal bis 2025 ansteigen und müssen danach bis 2030 um 43 Prozent sinken. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen geht davon aus, dass Deutschland bei linearer Reduktion der CO2-Emissionen spätestens 2038 klimaneutral sein muss. Klappen wird das nur mit einer Vielfalt an entschiedenen Maßnahmen.

Wir brauchen vielfältige, attraktive, für alle zugängliche Angebote

Die Antriebswende ist essentiell, um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen. Das bedeutet, dass Pkws so schnell wie möglich elektrisch statt durch Diesel oder Benzin angetrieben werden müssen. Deshalb haben wir Grüne das Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkws bis 2030 im Koalitionsvertrag verankert. Es ist aber auch klar: Allein mit der Antriebswende lassen sich die Pariser Klimaziele nicht einhalten. Auch elektrische Pkws verbrauchen bei der Herstellung große Mengen an CO2. Deshalb muss der Individualverkehr insgesamt zurückgehen. Dafür brauchen wir einen Fokus auf Alternativen: Auf den Schienenverkehr, den ÖPNV und Sharing-Angebote, und zwar überall: in der Stadt und auf dem Land. Dazu zählt auch klimafreundliche Stadt- und Quartiersplanung inklusive sicheren Radwegen, eine Mobilitätsgarantie, Barrierefreiheit und vielem mehr.

Quellen: Umweltbundesamt, Sachverständigenrat für Umweltfragen, Weltklimarat IPCC